Unter der Woche erfolgte endlich eine Einigung mit den US-Behörden über künftige Entschädigungszahlungen im Diesel-Skandal. Dass hier ein Abschluss erzielt worden ist, ist zunächst positiv zu werten, da ein Unsicherheitsfaktor endlich geklärt ist. Die Höhe der Entschädigungen birgt allerdings Grund zur Skepsis. Insgesamt hat Volkswagen 16,4 Mrd. für die Folgen des Diesel-Skandals zurückgestellt. In die USA sollen nach der Einigung insgesamt 13,5 Mrd. EUR fließen. Für VW-Fahrer außerhalb der USA sowie Anleger blieben demnach nur 2,9 Mrd. Ob dieser Betrag ausreicht, darf zumindest bezweifelt werden.

Aktuelle Situation Volkswagen AG– 01.07.2016

Hier geht es zum Chart

Im Wochenchart sehen wir nach dem starken Abverkauf und dem bekanntwerden des „Dieselgate“ eine Konsolidierungsphase. Zu beachten ist, dass die Abwärtsbewegung nicht gänzlich dem Diesel-Skandal zugerechnet werden kann. Zuvor legte die VW-Aktie eine marktbedingte Konsolidierung von 262,- EUR auf 172,- EUR hin. Von dort ging es dann gute 50 Prozent abwärts auf das Jahrestief 2015 bei 86,- EUR.

Eben dieses Jahrestief scheint für Anleger langsam wieder interessant zu werden. Nachdem sich die Aktie in 2016 zwischenzeitlich wieder bis auf 140,- EUR nach oben kämpfen konnte, notiert die VW Vz.-Aktie mittlerweile wieder deutlich unter der 50er-EMA (rot gestrichelt). Eine schnelle Überwindung des Skandals und eine Rückkehr zur Tagesordnung sieht aus Aktionärssicht anders aus.

Daran hat auch die Einigung mit den US-Behörden zunächst nicht viel geändert. Zwar steht jetzt hier endlich eine Summe im Raum, aber eben diese Summe wirft gleichzeitig weitere Fragen für die Zukunft auf. 13,5 Milliarden Euro muss der Volkswagen Konzern wegen des Abgasskandals in den USA zahlen. Bei Rückstellungen von 16,4 Milliarden für die Folgen des Skandals ein sehr großes Stück vom Kuchen. Insbesondere wenn man bedenkt, dass in den USA lediglich 500.000 Pkw betroffen sind. In Europa sind es 8 Millionen Fahrzeuge mit der Schummelsoftware unter der Haube. Die Aktionärsseite ist hier noch gar nicht erwähnt. Dass die Bafin den gesamten VW-Vorstand wegen Marktmanipulation angezeigt hat, stößt auch die Tür für Schadensersatzklagen der Aktionäre weiter auf.

Bestätigt sich der Verdacht, dass VW die Öffentlichkeit zu spät über drohende Strafzahlungen wegen manipulierter Abgaswerte in den USA informiert hat, liegt ein Verstoß gegen die Informationspflichten gem. § 15 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) vor. In diesem Fall sieht das Gesetz für Anleger Schadenersatzansprüche vor, weil das Unternehmen Insiderinformationen nicht unverzüglich veröffentlicht hat, vgl. § 37b WpHG.

Heißt unterm Strich: Das dicke Ende kann erst noch kommen und zwar dann, wenn sich abzeichnet, dass die bisherigen Rückstellungen nicht ausreichen, um die Folgen des Skandals zu decken. VW-Chef Martin Müller äußert sich bislang zwar optimistisch dass die Rückstellungen ausreichen, aber vor Gericht ist es wie auf hoher See: Alles ist möglich. Außerdem wird durch die Äußerungen bei den Anlegern das Bewusstsein geschaffen, dass die Rückstellungen tatsächlich ausreichen werden und weitere Rückstellungen werden vom Markt nicht einkalkuliert. Was unterm Strich passieren kann wenn der Markt mit etwas konfrontiert wird, was er so nicht vorhergesehen hat oder nicht vorhersehen wollte, haben wir am Freitag nach dem Brexit-Votum feststellen können.

Unterstützungen und Widerstände:

Unterstützungen
Widerstände

107,50 EUR
111,30 EUR

105,30 EUR
115,- EUR

101,10 EUR
117,65 EUR

96,85 EUR
120,75 EUR

92,65 EUR
122,50 EUR

Ausblick für die Volkswagen AG:

Hier geht es zum Chart

Im Tageschart ergibt sich ein massiver Widerstandsbereich zwischen 136,- EUR und 139,- EUR. Auf der Unterseite sehen wir derzeit ein Marktmuster mit steigenden Tiefpunkten (87,- EUR, 93,- EUR, 102,- EUR und derzeit 106,- EUR). Dieses „aufsteigende Dreieck“ impliziert grundsätzlich eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine bullishe Auflösung des Korrekturmusters, da das Bullenlager immer früher zugreift und sich die Nachfrage sukzessive erhöht.

Um diese Formation beizubehalten müsste das Bullenlager jetzt zeitnah reagieren und einen Rückfall unter die Unterstützung bei 101,50 EUR verhindern. Bis dato verbleiben der VW-Aktie 5 Prozent Luft auf der Unterseite.

Aus technischer Sicht ergibt sich somit kein Griff ins fallende Messer, da die seit Oktober 2015 bestehende Korrekturformation nach wie vor intakt ist. Erst unterhalb der Unterstützungen bei 101,50 und 95,- EUR dürfte eine Abwärtsbewegung wieder an Dynamik gewinnen und fallende Notierungen mit sich bringen.

Hier geht es zum Chart

Kurzfristig hatte die Volkswagen-Aktie auch unter den Abverkäufen nach dem Brexit zu leiden. Die Einigung mit den US-Behörden spielt hier ebenfalls eine gewichtige Rolle im Kurs. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Automobilsektor in den letzten Tagen zur Verliererseite gehört und eine deutlich schwächere Performance als der Gesamtmarkt an den Tag gelegt hat. Die Sorge um den britischen Absatzmarkt drückt hier bei exportabhängigen Unternehmen wie Volkswagen oder auch BMW und Daimler auf die Stimmung.

Offen ist aktuell, ob die VW-Aktie die aktuelle Konsolidierung im M30-Chart nachhaltig bullish oder bearish auflösen kann. Die Richtung dürfte hier maßgeblich vom Gesamtmarkt abhängen und auch richtungsweisend für die kommenden Handelstage sein.

Fazit:

Aus dem charttechnischen Blickwinkel bieten sich bei einem nachhaltigen bullishen Ausbruch im M30-Chart gute Einstiegschancen. Dieser wäre mit einem Schlusskurs über 111.30 EUR gegeben. In diesem Fall hätte die VW-Aktie durchaus Potenzial bis 117,50 EUR, 129,- EUR und 138,- EUR. Ein Stopp bei 100,- EUR würde diese Position mit einem guten CRV absichern.

Newsbedingt birgt die Aktie der Volkswagen-AG aber weiterhin enormes Rückschlagpotenzial. Sobald von einer anderen Seite eine Summe aufgerufen wird die dazu führen würde, dass die Rückstellungen erhöht werden müssen, dürfte die Aktie sehr nervös und volatil reagieren. Eine langfristig sichere Aussage lässt sich hier also nicht treffen, weshalb die Aktie lediglich für kurze und risikobehaftete Trades und nicht für ein langfristiges Investment geeignet ist. Hier bietet der Markt sicher bessere Opportunitäten!