Die perfekten Gesichter und Körper von Influencern und Stars im Internet verfestigen bei vielen, gerade jungen Beobachtern, den Eindruck: „So musst du aussehen, um beliebt und erfolgreich zu sein.“ Die Tatsache, dass diese vermeintlich makellosen Menschen auf ihren Bildern und Videos in den sozialen Medien häufig mehr Schein als Sein sind, wird oft vergessen. Doch es gibt eine Bewegung, die sich diesen Hochglanz-Profilen entgegenstellt: das Body Positivity Movement. SpardaSurfSafe, eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, zeigt, was es damit auf sich hat, welche prominenten Vertreter es gibt und erklärt, warum auch immer wieder Kritik an der Body Positivity laut wird.
Liebe deinen Körper so, wie er ist! Diese Botschaft verbreitet die Body-Positivity-Bewegung (kurz: BoP) und möchten so einen Kontrapunkt zu den tausenden auf Hochglanz getrimmten Werbe- und Influencer-Fotos in den sozialen Medien setzen. Egal, ob groß oder klein, dick oder dünn: Jeder Mensch ist schön und sollte sich so lieben wie er oder sie ist. Doch das ist angesichts der makellosen Models, Schauspielerinnen oder Influencer, die wir alle tagtäglich in der Werbung, in Filmen und im Internet sehen, nicht immer einfach. Vor allem junge Menschen neigen dazu, sich zu vergleichen und ihren Vorbildern nachzueifern. Wer dann ein Speckröllchen zu viel auf den Rippen hat oder auf eine andere Art nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, gerät schnell ins Abseits und leidet.
Viele vergessen dabei, dass es sich bei den Hochglanzbildern der Influencer und Werbeindustrie auch nicht um ein originalgetreues Abbild der Realität handelt. „Was hier gezeigt wird, ist meist durch Filter und Bildbearbeitung perfektioniert worden, damit die Dellen am Oberschenkel oder der Pickel an der Stirn verschwinden. Auch durch die richtige Pose, den optimalen Kamerawinkel und Luftanhalten kann man auf Fotos einige Pfunde wegschummeln oder sich eine Wespentaille verpassen“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e. V., einem der Mitveranstalter von SpardaSurfSafe. „Menschen in ihrem natürlichen, unretouchierten Zustand sieht man hingegen leider nur selten. Hier setzt die Body-Positivity-Bewegung an.“
Auch viele Promis sind Verfechter der Bewegung und wollen sich nicht mehr in das enge Raster des gängigen Schönheitsideals zwängen lassen. Prominentes Beispiel: Sängerin Lizzo, die sich von ihrer Körperfülle nicht davon abhalten lässt, in knappen Bühnenoutfits aufzutreten und die Charts zu stürmen.
Doch Body Positivity beinhaltet weit mehr als nur einen Gegenentwurf zum sogenannten Fat-Shaming. Das Model Winnie Harlow mit jamaikanischen Wurzeln ist trotz, oder gerade wegen, einer Pigmentstörung, durch die sie am ganzen Körper weiße Flecken aufweist, zu einem der bekanntesten Gesichter der Modebranche aufgestiegen. Auch die US-Schauspielerin Jamie Brewer hat sich gegen die Konventionen durchsetzen können und sich trotz Down-Syndrom eine erfolgreiche Karriere im Showbusiness aufgebaut.
Trotz all der positiven Aspekte der Body-Positivity-Bewegung gibt es auch Widerspruch. So werfen Kritiker den Verfechtern immer wieder vor, einen ungesunden Lebensstil zu glorifizieren, da mit Übergewicht in vielen Fällen auch gesundheitliche Probleme einhergehen. Hinzu kommt der Verdacht der sogenannten Toxic Body Positivity. Toxische Positivität entsteht immer dann, wenn man geradezu zwanghaft immer das Positive herausstellt und negative Gefühle verdrängt. Ein Beispiel: Nach dem Ende einer Beziehung verspüren viele Menschen Trauer. Das ist normal und es braucht Zeit, die Gefühle zu verarbeiten. Gibt man sich diese nicht, weil man dem vermeintlich schlechten Denken keinen Raum geben will, kann das der Psyche langfristig schaden. Dieses Konzept lässt sich auch auf die Body Positivity übertragen. Soziale Medien und die Body-Positivity-Bewegung können uns unter Druck setzen, indem sie uns das Gefühl geben, dass wir uns in Bezug auf unseren Körper immer „gut“ fühlen sollten, unabhängig von seinem Gesundheitszustand. Doch wie soll das funktionieren, wenn wir etwa unter Schmerzen leiden oder uns eben nicht gut fühlen, so wie wir sind? Sollen wir uns dann zusätzlich schlecht fühlen, weil es uns nicht gelingt, unseren Körper zu lieben?
Selbst die Stars der Body Positivity sehen sich immer wieder Angriffen aus dem Lager der Anhänger der Bewegung ausgesetzt. So musste sich etwa Lizzo den Vorwurf gefallen lassen, sie hätte ihre Fans verraten, nachdem sie mit einer Saftkur einige Pfunde verloren hatte. Auch Sängerin Adele, die sich gerade mit einem neuen Album – und einer neuen Figur – zurückmeldete, musste sich mit enttäuschten Fans auseinandersetzen, die sich mit der erschlankten Sängerin scheinbar nicht mehr identifizieren konnten oder wollten.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma hat Lizzo beispielsweise im Prinzip der Body Neutrality gefunden. Dabei konzentriert man sich auf die Dinge, die der eigene Körper leisten kann, anstatt sich auf sein Aussehen zu fokussieren. Deutlich wird der Unterschied an einem Beispiel. Ein Anhänger der Body Positivity würde sagen: „Ich liebe meine Beine inklusive Cellulite und Besenreißern. Ich liebe meine Oberarme, auch wenn sie speckig sind.“, wohingegen ein Verfechter der Body Neutrality erklären würde: „Ich liebe meine Beine, weil sie mich von A nach B bringen. Ich liebe meine Arme, weil ich damit meine Liebsten umarmen kann.“ Doch auch an dieser Sichtweise gibt es Kritik, denn gerade Menschen mit Behinderung oder Krankheiten, deren Körper manche Dinge nicht leisten können, könnte es mitunter schwerfallen, ihren Körpern auf diese Art und Weise neutral gegenüberzustehen und sich nur auf seine Fähigkeiten zu konzentrieren.
Doch egal, ob man sich als Anhänger der Body Positivity oder der Body Neutrality versteht, beiden Bewegungen ist gemein, dass sie die Ausgrenzung anderer aufgrund ihres Aussehens verurteilen und bekämpfen wollen. Und: Es gibt Raum für beide Bewegungen, sagen Experten. Menschen können zu unterschiedlichen Zeiten in ihrem Leben oder aus unterschiedlichen Gründen von Körperneutralität und Körperpositivität profitieren. Welche der beiden Gemeinschaften individuell besser passt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Weitere Informationen zum Thema stehen auf der Webseite von SpardaSurfSafe unter www.spardasurfsafe-bw.de zur Verfügung.
Über SpardaSurfSafe – eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg
Veranstalter und Träger von SpardaSurfSafe ist die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg, dem Verein Sicherheit im Internet e. V. und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg das Großprojekt im achten Jahr durchführt. In Kooperation mit den IT-Sicherheitsexperten der 8com GmbH & Co. KG wurde ein Konzept entwickelt, das die Schüler im Rahmen des Unterrichts im Umgang mit den Neuen Medien aufklärt. „Wir haben das Konzept in den vergangenen Jahren erfolgreich in 32 verschiedenen Städten in Baden-Württemberg mit rund 420.000 Teilnehmern durchgeführt. Dafür bekommen wir durchweg positives Feedback von den Teilnehmern, ob Schüler, Eltern oder Lehrer“, erklärt Patrick Löffler vom Verein Sicherheit im Internet e. V.