„Justin Bieber bei Autounfall getötet!“, „15-Jährige aus Stuttgart seit Tagen vermisst!“ oder aber „Jugendliche wird Pflegefall nach Impfung“ lauten die Schockmeldungen, die immer wieder in sozialen Netzen auftauchen. Die Schlagzeilen wecken Neugier, werden meist von einem aussagekräftigen Foto begleitet und wer mehr wissen will, muss auf einen hinterlegten Link klicken, der auf eine externe Seite führt. Doch dort gibt es nicht etwa weiterführende Informationen, sondern es lauern Abofallen, Viren oder Datensammler. SpardaSurfSafe zeigt, wie man Wahrheit von Fake unterscheidet.Informationen lassen sich im Internet schnell, günstig und anonym verbreiten. Doch wie filtert man aus der Flut an Daten die seriösen Nachrichten heraus? Wie enttarnt man Schwindler, entdeckt Unwahrheiten und vermeidet, dass man auf fiese Tricks hereinfällt? „Immer wieder kursieren im Netz und in den verschiedenen sozialen Netzwerken Nachrichten, die darauf abzielen, möglichst viele Menschen vom Klicken zu überzeugen“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e. V. und Mitinitiator der Kampagne SpardaSurfSafe. „Die Themen können dabei vom einfachen Gutschein über eine Vermisstenmeldung bis hin zu falschen Nachrichtenmeldungen zu aktuellen Ereignissen wie der Flüchtlingskrise reichen – je nachdem, wo die Meldung verbreitet werden soll.“ SpardaSurfSafe, eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, hat die häufigsten Verbreitungswege und Varianten unter die Lupe genommen.Auf Facebook lassen sich Informationen breit streuen. Alles, was man braucht, ist eine sinnvolle Aufforderung, den Beitrag zu teilen. Überschriften wie „Sichere dir deinen 50,- Euro H&M-Gutschein“, „Wir haben 50 iPhones mit falscher Verpackung, die wir daher verlosen!“ oder „Gewinne eine Reise nach Mallorca“ bieten sich hier natürlich an, denn wer möchte nicht etwas umsonst haben? Voraussetzung für die Teilnahme ist meist das einfache Teilen und Liken des Beitrags, womit die Zugangsschwelle bewusst sehr gering ist und der Post sich schnell verbreitet. Erst jetzt folgt die zweite Stufe: Der Beitrag wird nachträglich bearbeitet und ein weiterer Schritt eingebaut. Wer jetzt teilnehmen möchte, muss neben dem Liken und Teilen einem Link folgen und dort seine Daten eingeben. „Wer sich wundert, warum er plötzlich überdurchschnittlich viele Spammails und Werbeanrufe erhält, sollte überlegen, ob er nicht vor Kurzem an einem Gewinnspiel teilgenommen hat. Denn die persönlichen Daten sind genau das, worauf es die Hintermänner abgesehen haben. Dem gleichen Prinzip folgen vermeintliche Breaking-News-Meldungen, bei denen meist ein Promi für tot erklärt wird, um die Neugierde zu wecken. Wer mehr wissen will, muss wieder einmal auf einen Link klicken und landet auf einer gefälschten Facebook-Log-in-Seite. Wer seine Zugangsdaten hier eingibt, kann sich von seinem Profil im Prinzip verabschieden.“, erklärt Schartner. „Doch nicht immer geht es nur um die Daten der Nutzer. Manchmal führen die Links auch direkt auf virenverseuchte Webseiten und man fängt sich durch den Klick einen Virus oder Trojaner ein. Oder aber man wird in eine sogenannte Abofalle gelockt. Wer den Artikel über den toten Promi unbedingt lesen will und einen Haken zu viel setzt, hat sich ganz schnell zu einem sinnlosen und teuren Abo verpflichtet. Hier ohne rechtlichen Beistand wieder herauszukommen ist schwierig.“Eine andere Masche, mit der Menschen zu Klicks verführt werden, sind Vermisstenmeldungen und Hilfeaufrufe über Facebook. Wenn junge Menschen vermisst werden, Opfer einer Straftat wurden oder krank sind und derjenige, der den Beitrag gepostet hat, ganz offenbar verzweifelt um Hilfe bittet, werden viele Menschen schwach, teilen den Beitrag und folgen dem Link mit den oben genannten Konsequenzen. Doch wo liegt das Problem, wenn man einen Hilferuf teilt? „Kommt die Vermisstenmeldung von einer offiziellen Stelle wie der Polizei, kann man das ohne Weiteres tun. Hier ist es sogar sinnvoll. Doch bei allen anderen Urhebern sollte man extrem vorsichtig sein, denn im schlimmsten Fall macht man sich sogar strafbar, wenn man den Beitrag teilt“, warnt Götz Schartner. Hintergrund seiner Warnung sind Persönlichkeits- und Urheberrechte, die beim Teilen verletzt werden könnten. „Auch die vermisste Person auf dem Foto oder der vermeintliche Straftäter haben Persönlichkeitsrechte und können gegen die Veröffentlichung ihres Fotos und den entsprechenden Post vorgehen. Insbesondere wenn jemand eines Verbrechens bezichtigt wird, kann das Teilen Folgen haben, im schlimmsten Fall eine Verurteilung wegen Verleumdung oder übler Nachrede – und dann droht sogar Gefängnis!“Neben diesen Posts mit offensichtlicher Betrugsabsicht, kursieren im Netz zahllose Gerüchte und Verschwörungstheorien. Chemtrails, also Chemikalien, die die Kondensstreifen von Flugzeugen verursachen sollen, und Impfmythen zählen zu den bekanntesten Beispielen. Gerade bei jungen und beeinflussbaren Menschen schüren solche Artikel unbegründete Ängste. Aber auch politische Gruppierungen nutzen die Möglichkeiten des Internets aus, um ihre Botschaften mit falschen Meldungen zu untermauern. Die Seite Mimikama.at sammelt solche sogenannten Hoax-Meldungen und hat sie in eine Karte eingetragen. Dabei fällt auf: In Baden-Württemberg wird insbesondere mit halbwegs plausiblen, aber falschen Artikeln das Misstrauen gegenüber Flüchtlingen geschürt. „Artikel über angebliche sexuelle Übergriffe oder Diebstähle im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise tauchen immer wieder im Netz auf und viele Menschen fallen auf diese Lügen herein. Deshalb sollte man sich immer klar machen: Im Netz kann jeder schreiben, was er will. Überprüfen Sie also, ob die Quelle der Nachricht vertrauenswürdig ist. Ist der Verfasser bekannt? Gibt es ein Impressum mit Kontaktdaten? Steckt eine politische oder andere Gruppierung dahinter? Berichten auch andere Quellen über den Fall oder gibt es nur diese eine? All diese Fragen geben Aufschluss über die Seriosität eines Artikels“, erklärt Schartner.Auch auf WhatsApp ist man vor Falschmeldungen nicht gefeit. Das jüngste Beispiel ist eine Audio-Nachricht, in der eine junge Frau von einem Entführungsversuch berichtet. Die Nachricht drang sogar bis zur Polizei vor und führte zu Ermittlungen. Inzwischen steht fest, dass es sich um einen unüberlegten Scherz handelte. Die Urheberin darf sich jetzt allerdings auf einiges gefasst machen: Ihr droht ein Verfahren wegen Vortäuschens einer Straftat. Doch in den sozialen Netzwerken hat sich auch ein anderes Problem von der realen in die virtuelle Welt geschlichen: Kettenbriefe, manchmal sogar in Verbindung mit Todesdrohungen. Einer der bekanntesten ist der Fall von Teresa Fidalgo, einem Mädchen, das angeblich vor 26 Jahren gestorben ist und jeden, der die Nachricht nicht weiterverbreitet, bis an sein Lebensende verfolgen wird. Weitere bekannte Geschichten stammen von „Jeff“ oder „Freddie“, deren Geister die Menschen aus Rache für den eigenen Tod ermorden wollen – falls man den Kettenbrief nicht innerhalb von 10 Minuten an 10 Freunde weiterleitet. „Uns Erwachsenen kommt es natürlich lächerlich vor, dass man eine solche Nachricht ernst nehmen könnte. Aber denken Sie mal an Ihre Kinder! Heutzutage ist es doch ganz normal, dass auch schon Zehnjährige ein Smartphone mit WhatsApp haben. Bekommt ein ängstliches Kind eine solche Nachricht geschickt, kann das Ängste auslösen, die wiederum zu weiteren Problemen führen können“, warnt Schartner. „Sprechen Sie also mit Ihren Kindern darüber und lassen Sie sie nicht allein in den sozialen Netzwerken. Das heißt nicht, dass Sie Ihr Kind ständig überwachen sollen. Es sollte vielmehr eine Vertrauensbasis geschaffen werden, in der das Kind oder der Jugendliche das Gefühl hat, mit Fragen und Problemen zu Ihnen kommen zu können. Erklären Sie ihm, warum es nicht immer alles für bare Münze nehmen sollte, was es im Internet liest und zeigen Sie ihm, wie es seriöse Inhalte erkennen und Fallen wie die genannten vermeiden kann. So erziehen Sie es zu einem mündigen Internetnutzer, der falsch von richtig unterscheiden und Gefahren erkennen und umgehen kann!“Weitere Informationen zum Thema Sicherheit im Internet und viele weitere hilfreiche Tipps sind im Internet unter www.spardasurfsafe-bw.de abrufbarÜber SpardaSurfSafe:Veranstalter und Träger von SpardaSurfSafe ist die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg, dem Verein Sicherheit im Internet e. V. und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg das Großprojekt im fünften Jahr durchführt. In Kooperation mit den IT-Sicherheitsexperten der 8com GmbH & Co. KG wurde ein Konzept entwickelt, das die Schüler im Rahmen des Unterrichts im Umgang mit den Neuen Medien aufklärt. „Wir haben das Konzept in den vergangenen Jahren erfolgreich in 17 verschiedenen Städten in Baden-Württemberg mit mittlerweile über 250.000 Teilnehmern durchgeführt. Dafür bekommen wir durchweg positives Feedback von den Teilnehmern, ob Schüler, Eltern oder Lehrer“, erklärt Patrick Löffler vom Verein Sicherheit im Internet e. V.
2016-09-15T14:30:00+02:0015/09/16|